Kompromisse bei der Modelleisenbahn

Unter Modelleisenbahnern gibt es einige detailverliebte Genossen, die zählen die nachgebildeten Nieten an einer Modell-Dampflok, um sicher zu gehen, dass sie auch wirklich zu 100% mit dem Original übereinstimmt. Ganz so eng eng sehe ich es persönlich nicht. Mir ist es wichtiger, dass die Technik stimmt und die Züge fahren. Ob eine Dampflok nun eine paar Nieten mehr oder weniger hat, ist mir egal. Zumal man die Detailtreue auch bezahlen muss…

Es ist ohnehin so, dass wir bei der Modelleisenbahn einige Kompromisse eingehen müssen, was das Maßstabsverhältnis zum Original angeht. Nicht alles läßt sich zu 100% maßstabsgerecht auf der Modelleisenbahn nachbilden.
Da wäre zum einen die Höhe des Gleisprofils. Würde man die Gleisprofilhöhe von H0 oder der Spur N auf das Original hochrechnen, müßte das Gleisprofil im Original zwischen ca. 20cm bis 30 cm hoch sein. Tatsächlich ist aber das S54, mit einer Profilhöhe von nur 15,4 cm das am meisten verwendete bei der Bahn. Ältere Gleise wie das S49 oder neuer, wie das UIC 60, für hochbelastete Strecken, haben eine Profilhöhe von 14,9 bzw. 17,2 cm.
Umgekehrt gerechnet, würden 15,4 cm Gleisprofilhöhe im Maßstab 1:87 ein Gleisprofil von 1,77 mm ergeben. Die meisten Großseriengleise der bekannten Hersteller haben aber eine Profilhöhe von ca. 2,5 mm (Code 100).

Einen weiteren Kompromiss muß man bei den gefahrenen Kurvenradien eingehen, besonders auf kleineren Anlagen. Zwar gibt es einige kleine Kurvenradien von weniger als 50 Metern auch beim Original, aber nur bei einigen Bergbahnen und bei der Straßenbahn. In der Regen liegen die Kurvenradien bei mehreren tausend Metern. Je schneller gefahren werden soll, desto größer wird natürlich der Kurvenradius.
Rechnen wir als einen Radius von 1000 Metern einmal in den Maßstab H0 um, kommen wir auf einen Radius von ca. 11,5 Metern bei der Modelleisenbahn. Das ergäbe dann einen Kreis von ca. 23 Metern im Durchmesser. Ich kenne keine Modellbahnanlage, wo man soviel Platz hat.

Der dritte, leicht sichtbare Kompromiss, besteht bei der Länge der Züge und dem entsprechend auch in der Länge der Bahnhofgleise in einem großen Streckenbahnhof auf der Modellbahnanlage. Bei vielen Anlagen in der Größenordnung 2,5m x 1,20, ist schon ein kleiner Nahverkehrszug mit 3 Anhängern, zu groß für das längste, zur Verfügung stehende Bahnhofsgleis. Auf einigen großen Anlagen, wie der im Miniatur Wunderland in Hamburg, kommt man bei den Bahnhöfen der Realität aber schon sehr nahe.

Eigentlich müsste es auch so sein, dass wenn ein Zug in einem Tunnel verschwindet, er auch irgendwann einmal wieder aus diesem heraus kommen müsste. Vielmehr ist es aber auf den meisten Anlagen so, dass der gleiche Zug immer und immer wieder in dem gleichen Tunnel verschwindet ohne jemals wieder heraus zu kommen. Das ist natürlich in der Tatsache begründet, das die meisten (kleineren) Anlagen im „Kreisverkehr“ fahren, was mit mit der Wirklichkeit nicht allzuviel zu tun hat. Abhilfe für dieses Manko kann man schaffen, wenn man die ein oder andere Wendeschleife mit einbaut oder einen Schattenbahnhof, so das es nicht so offensichtlich wird, dass da immer wieder der selbe Zug seine Kreise zieht.

Richtig hohe Berge sind ebenfalls nicht machbar. Schon ein 3 Meter hoher Berg überfordert die meisten Anlage, bzw. die Räume, in denen sie stehen. Und selbst ein solcher 3 Meter Berg, wäre in der Natur nur 261 Meter hoch. Umgekehrt: Möchte man auch nur einen 2000 Meter hohen Berg im Maßstab 1:87 nachbilden, dann müsste der auf der Modelleisenbahnanlage schon ca. 23 Meter hoch sein.
Trotzdem kann man auch mit diesem Manko leben, denn die 1 bis 3 Meter hohen „Alpen“, die man auf einigen  großen Modellbahnanlagen sehen kann, sehen allesamt gut und auch echt aus.